- Blog
Regulatorik meistern: Eine Digitalisierungs & KI Strategie für die Pharmabranche
Digitalisierung und künstliche Intelligenz: Strategien zur Bewältigung regulatorischer Hürden in der Pharmabranche
Nachdem Corona deutlich gemacht hat, wie wenig Unternehmensprozesse in der Pharmabranche unter Druck standhalten können, obwohl sie Jahrzehnte lang funktioniert haben, müssen diese nun modernisiert werden. Außerdem stellen neue Vorschriften von Regulierungsbehörden und die Forderung nach mehr Innovation und Flexibilität bei den Liefer- und Versorgungsketten viele Pharmaunternehmen vor eine große Herausforderung – vom Wettbewerbsdruck ganz zu schweigen. Viele sehen gerade auf die zunehmenden regulatorischen Hürden eine Lösung in der Digitalisierung. Doch wo sind da die Schwierigkeiten? Und worauf sollten Unternehmen besonders achten?
Einige der Regularien, mit denen sich Unternehmen aktuell beschäftigen, sind eine Folge des im Juni beschlossenen Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (kurz ALBVVG). Nachdem es in der jüngeren Vergangenheit zu einem deutlichen Anstieg von Lieferengpässen, insbesondere bei patentfreien Arzneimitteln, kam, sollen nun Frühwarnsysteme zur rechtzeitigen Erkennung von Lieferengpässen eingerichtet werden. Insbesondere in der Digitalisierung sieht man ein probates Mittel zur Verbesserung der operativen Effizienz und Effektivität.
Dass die Pharmabranche in Deutschland eine der am wenigsten digitalisierten Bereiche ist und weit hinter beispielsweise dem Finanzsektor oder der Automobilbranche zurückliegt, überfordert zur Folge so manches direkt betroffene Unternehmen. Auch die steigende Anzahl an Start-Ups, sogenannten PharmTechs – Start-Ups in der Pharma-Branche, die sich durch einen hohen Digitalisierungsgrad für ausgewählte Teilprozesse auszeichnen –, sorgen bei den bereits bestehenden Marktteilnehmern mit ihren Technologielösungen für zusätzlichen Innovations- und Handlungsdruck.
Vor dem Hintergrund, dass Transparenz entlang der eigenen Produktions- und Lieferkette eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Einführung eines Frühwarnsystems bei Pharmaunternehmen ist, empfehlen wir von Genpact, zunächst die folgenden drei Aspekte zu berücksichtigen:
1. Lücken schließen
Eine der zentralen Herausforderungen für Unternehmen – jetzt und auch in der Zukunft – sind System- und Prozessbrüche. Der Einsatz von verschiedenen Technologien, die häufig nicht miteinander kompatibel sind, hat eine steigende Komplexität bei gleichzeitig reduzierter Effizienz zufolge. Um diese Problematik zu adressieren und eine Beschleunigung in der Verbesserung zu erreichen, wäre es aus einer Digitalisierungsperspektive sinnvoll, sich auf unternehmenskritische Schnittstellen zu konzentrieren, um so die Systembrüche zu überwinden und möglichst schnell die relevanten Prozessdaten zu generieren und zu extrahieren.
2. Daten organisieren
In einem nächsten Schritt sollten diese Prozessdaten dann in Strukturen und Modellen bearbeitet werden, die KI-fähig sind. Durch die rapide Entwicklung von künstlicher Intelligenz und verfügbarer Rechenleistungen gerade im vergangenen Jahr haben sich Möglichkeiten eröffnet, die vorher so nicht realisierbar gewesen wären. KI ermöglicht Approximation und Prädiktion und kann somit auch zu einem Frühwarnsystem beitragen.
3. Analysen steuern
Gleichzeitig sollten diese KI-gestützten Modelle darin eingeschränkt werden, was sie auswerten. Dafür ist es notwendig, entsprechende Parameter zu definieren. Nicht alle Aspekte sind für ein Frühwarnsystem relevant und können somit vernachlässigt werden. Stattdessen sollten Unternehmen sich fragen: Welche Werte sind es, die meine Logistik und meine Wertschöpfungskette insbesondere anfällig machen?
Grundsätzlich empfehlen wir bei der Umsetzung von Regularien immer einen holistischen und integrativen Ansatz, dem die eigentliche Datengewinnung zugrunde liegt. Für eine erfolgreiche, nachhaltige Lösung sollte gerade beim Einsatz von Technologien eine unternehmensweite Perspektive eingenommen werden. Punktuelle Datenlösungen verkomplizieren fast immer die Situation und verursachen oft neue Probleme in anderen Unternehmensbereichen – inklusive potenziell falscher Analyseinterpretationen.
Dabei wird, wie bereits erwähnt, künstliche Intelligenz eine wesentliche Rolle spielen. Entsprechend gelagerte Probleme, die zuvor nicht so einfach lösbar waren, können nun mithilfe von Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT aufgearbeitet werden. Gleichzeitig können viele, gerade repititive Prozesse damit zu großen Teilen vollautomatisiert werden, sodass am Schluss nur noch ein Bruchteil menschliche Eingriffe erfordert. Da auch die Pharmabranche vom Fachkräftemangel betroffen ist und die digitale Transformation selten an finanziellen Mitteln oder Investitionsgeldern scheitert, eröffnen sich insbesondere durch generative KI neue Möglichkeiten – sowohl in operativen Produktionsabläufen als auch in der Forschung.
Derartige technologische Entwicklungen und die Erfahrungen während Corona zeigen einmal mehr, wie wesentlich es ist, sich als Unternehmen proaktiv mit Themen zu beschäftigen und strategisch langfristig zu planen. Aber auch die Politik und Regulierungsbehörden sind davon nicht ausgenommen. Gerade mit der rasanten Entwicklung der Technik müssen wir alle eine aktivere Rolle einnehmen. Frühwarnsysteme und Vorschriften, die sicherstellen, dass z.B. Fiebersaft für Kinder in Deutschland verfügbar bleibt, werden in Zukunft hoffentlich dazu beitragen, derartige Lieferengpässe zu vermeiden.